Wenn ich Freude habe, die
Klaviersonate von Mozart zu spielen, oder die Kunst der Fuge von Bach,
dann muss ich üben.
Nein!
Zuerst muss ich von dieser Sonate und Fuge berührt sein, sie anhören,
empfinden. Einfach nur anhören, empfinden. Immer wieder vielleicht. Der
Klavierspieler muss sein Ohr zum Herz und sein Herz zum Ohr bringen. Dann
beginnen die Finger von selber zu spielen. Und dann erst ist es auch ein
SPIEL. Und nicht ein leeres Gemache!
Und wenn
es ein SPIEL ist, dann verschwindet die Zeit, sie verschwindet wie in
einem Gespräch zwischen Freunden. Da muss man auch nicht üben zu reden.
Man hört zu und es redet. Deshalb ist dann die Ewigkeit und der Messias,
die Freude anwesend.
Du hast
wohl immer noch das Gefühl, die Musik von Mozart sei ein Konstrukt. Nein,
es ist ein Spiel!
Das ist
der Unterschied zwischen Saul und David. Der Saul übt. Der David spielt
einfach.
Ich will
ja damit nicht sagen, der Saul sei ein Trottel. Nein, im Gegenteil. Ich wünsche
ihm nichts mehr - und ich kenne meinen Saul sehr persönlich - dass er
einfach spielen könnte. Und aus dem Leid dann ein Lied würde. Aber Du
hast insofern Recht dass man sich um David keine Sorgen machen muss. Um
Saul hingegen schon.
Das Kind
will nicht üben, es will spielen. Wenn es üben muss, wird es ihm übel.
Sind
wir gegenüber dem Schöpferischen nicht immer nur Yin, empfangend,
dadurch auch ordnend und sammelnd, im Gesetzmässigen uns bewegend?
Ich würde
das passiv sagen : Wir sind gegenüber dem Schöpferischen empfangend, und
werden dadurch geordnet, gesammelt und in das Gesetzmässige bewegt.
Also
sind wir im Bewussten nicht immer nur Nefesh gegenüber der Neshama?
Da weiss
ich nicht recht, wie ich darauf antworten soll? Zustimmen kann ich diesem
Satz nicht, weil das Bewusste vom Unbewussten gespiesen wird. Oder Besser:
das Bewusste aus der Seite des Unbewussten genommen wird, damit sie sich
begegenen können. (Adam und Eva) Verneinen kann ich das aber auch nicht,
weil tatsächlich das Bewusste die erscheinende Seite des Unbewussten ist.
Aber so, dass im Bewussten das Geheimnis des Unbewussten bewahrt und geschützt
ist und umgekehrt.
Aber
eigentlich: Ja.
Und nun
zum Fleisch, das an den Knochen kommen muss.
Das
Technische, gesetzmässige, billig Praktische will ich keineswegs
ausschliessen. was aber heisst denn das: Üben? Was ist das? das
Trainieren der Finger? Das kann es doch nicht sein, denn die Finger
trainieren sich doch selber dadurch dass sie tun. Was aber gibt den
Fingern Bescheid über die Richtigkeit ihres Tuns? Nicht die Finger, nein,
das Ohr und Herz des Menschen. Die Finger können nicht hören, was sie
spielen. Hören kann nur das Ohr und Herz des Menschen. So liegt also
beides, das Hören des Spiels der Finger und das Gehör für die im
Menschen ruhende Vorlage des Liedes im Herzen. Verglichen wird das
Sinnlich erfahrbare des Tuns eines Liedes mit dem übersinnlich anwesenden
eines Liedes. Beides geschieht im Herzen des Menschen. Es ist da ein Gespräch
zwischen dem Hören von aussen und dem Hören von innen. Eine Begegnung,
ein Spiel.
Für die
Geschichte in Ludwigsburg habe ich mir nun
vorgenommen, genau das Thema abzuhandeln in der Gegenüberstellung
von Natur und Geschichte. Es ist aber eine Geschichte, die versuchen soll
diese Gegensätze zu verbinden, aber nicht aneinander festzunageln oder
aneinanderzuketten mit einem Seil oder Nagel, sondern sie in der Bewegung
des Menschen einander näher zu bringen.
Die Natur
ist das, was David eigentlich ist. Der Vogel pfeift. Er muss nicht üben.
Und er pfeift unübertroffen schön und seiner Eigenart wahrhaftig
Ausdruck gebend, unverfälscht, ehrlich.
Ein Kind ist unverstellt, äusserst sich direkt und eigentlich
unreflektiert. In der Natur gibt es nur Gegenwart.
Doch der
Mensch erlebt nun noch etwas ganz anderes: Seine Geschichtlichkeit: (Schamgefühl-Vertreibung
aus dem Paradies) Werden und vergehen, Kausalität und Widerspruch gegen
diese. Gnade und Gesetz. Durch sein Bewusstsein wird er zum -wie Nietzsche
sagte - nicht fest gestellten Tier. Denn jedes Tier ist unausweichlich
behaftet auf seine Eigenart, unfrei. Der Mensch aber scheint zwar
irgendwie behaftet auf seine Eigenart aber dennoch frei, und eigentlich
nur frei sich zu verstellen. Und dazu noch ausserstande festzustellen, ob
er nun sich ist, oder noch nicht.
Ich
versuch also mit der Wandtafel in der Blindenschule den Weg zu beschreiben
von der unmittelbaren Gegenwärtigkeit seines Lebenstraumes
zur geschichtlichen Bewusstwerdung der Welt, in die dieser Traum
vom Eigenen gestellt ist.
Time out
Daniel
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