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Über die politische
Botschaft der Bilder von Caspar David Friedrich wird vielerorts geschrieben. Doch müssten
wir den Begriff "Politik" in diesem Zusammenhang mit Vorsicht verwenden.
Vielleicht wäre es besser anstatt von Politik vom "gesellschaftlichen Erlebnis der
Geschichte" zu sprechen. Zweifellos äusserte sich CDF zum Gang der Geschichte und
dazu, wie die Gesellschaft und die Nation, als deren Mitglied er sich empfand, diesen Gang
der Geschichte erlebte. Es waren traumatische Ereignisse; der fast vollständige
Zusammenbruch ja, eigentlich der Untergang der deutschen Nation. Es ist offensichtlich,
dass die biografischen Erfahrung in seiner Lebengeschichte und die Geschichte der
äusseren Umstände sich sehr nah waren, und sich da diese Schnittstelle befand, an der
sich das Lebensthema Friedrichs mit dem Lebensthema der deutschen Nation kreuzte. Der in
aller Strenge und in unerbittlicher Klarheit vorgeführte Zustand des Menschen und der
Nation im Angesicht des Untergangs, die brutale, übersteigerte Ehrlichkeit der
Schilderung der Verzweiflung, Depression und Auswegslosigkeit, aber auch zuweilen ein
nebulöser und mehr theatralisch als wirklich glaubhaft gesetzter Hauch von Hoffnung und
Erwartung auf eine Auferstehung, trafen die Stimmung der Zeit. Damit wurden seine Bilder
für kurze Zeit begehrt, bis sich die Geschichte weiterbewegte und CDF wieder in
Vergessenheit geriet. Dass vielerorts dieses theatralische Moment in Friedrichs Bildern
als heldenhafte, prophetische Wirklichkeit genommen wurde und nicht die Hilflosigkeit der
blossen Geste eines unerschütterlichen Glaubens erkannt wurde, gibt über die
Bedürfnisse der Betrachter in der Romantik Auskunft. Eine Sehnsucht nach in sich ruhender
selbstgewisser Stärke, Heldentum und unbeirrbarer Unbeugsamkeit.
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